Ich liebe Götz George
Drawing ©reated by Knut Kargel
Da ist mir der George doch tausendmal lieber. ereiferte Hannah sich, der ist wenigstens handfest. Wat soll ich mit Fünfminutenjüngskes aus Bodenhaltung?
Dem Muttertier in dir freien Lauf lassen! warf Gitte ein.
Hannah war eine gestandene Frau um die Vierzig, Beruf Lehrerin, und traf sich hier auf dem Marktplatz in Eddie´s Pinte zum allersamstäglichen Frühschoppen.
Mit ihr am Kneipentisch ihre beiden Freundinnen.
Gitte, knapp dreißig, Einkäuferin bei Milord und Mille, Mitte Zwanzig, Cheffriseuse und Visagistin beim ortsansässigen Starcoiffeur.
Werbemäßig spielen uns die Kerle mit ihren Achselsprays und Wässerkes doch auch schon längst an die Wand! lachte Mille.
Haben überhaupt nix eigenes mehr, warf Gitte dazwischen. Und dat bisken Aftershave alle drei Tage ist mir nun echt zu wenig!
Die Kellnerin brachte das Bier.
Neulich hab ich so ein Exemplar vor die Tür gesetzt, lachte Gitte. Prost!
Schiess los! wurde sie bedrängt.
Die neugierigen Freundinnen verschränkten die Arme auf dem Tisch.
Also, wir sind ganz Ohr, sagte Mille.
Na ja, meinte Gitte, ihr kennt mich ja. Wenn bei mir erst mal der Ofen aus ist, so von jetzt auf gleich, sie schnippte mit den Fingern, dann läuft nichts mehr.
Erzähl schon, drängte Mille. Ich muss gleich los. Der Jürgen kriegt die Krise, wenn er heute schon wieder sein Kotelett sucht und nicht findet.
Gitte schaute in die erwartungsvolle Runde. Dann fing sie an.
Jetzt an Weihnachten war´s. So gegen fünf. Ich dachte, ich dreh schon mal ne Runde mit dem Hund, weil am Abend die Bubi Scholz Story mit dem George kam.
Genau. Den hab ich mir auch gegönnt, warf Hannah ein.
Wir also in die Puschen und nix wie raus, erzählte Gitte weiter. Erste Station Litfaßsäule.
Und genau da pinkelt mein Fiffi doch glatt so einem Dreitagebart ans Bein!
Das Gelächter von Hannah und Mille unterbrach sie.
Paßt auf, sagte sie, der Typ rührt sich überhaupt nicht von der Stelle. Harrt aus wie ein angepinkeltes Pöcksken, das auf den erlösenden Kuss wartet.
Und? Hast´e ihn geküsst? feixte Mille.
Frösche überlass ich dir, gab Gitte zurück. Ich fand das alles ganz schrecklich, weil ich mich nicht getraut habe, loszulachen und biete dem Verunfallten also an, seine Hose zu waschen und die Schuhe zu reinigen.
Du? lachte Hanna. Darf nicht wahr sein!
Doch, sagte Gitte und tat beschämt. Wir also zurück in die Wohnung.
Ich dem Typen Kaffee gekocht, frischen Bademantel spendiert und die Waschmaschine angeworfen. Und das alles an Weihnachten!
Jetzt ist der Typ auf einmal ganz locker drauf. Flaniert ungeniert in meiner Wohnung herum, inspiziert alles und sieht den rot eingekreisten Film im Programmheft. Mit spitzen I-pfui-fingern hebt er es hoch und meint, so von oben herab näselnd, sagen sie bloß, sie sind auch eine von denen, die bei diesem Götz George ihren Verstand verliert!
Peng! Der Typ war für mich gestorben!
Klasse! pflichten die anderen Frauen ihr bei.
Wissen sie was, hab ich gesagt, sagte Gitte, sie sind derjenige, der hier versucht, mir dat bisken Verstand zu rauben, das ich mir über die Feiertage rette und der mir dummdreist meine kostbare Zeit stiehlt.
Ich glaub, ich hätte ihm die Schuhe um die Ohren gehauen, regte Mille sich auf.
Ich hab ihn angeschrien, entsann sich Gitte. Jedenfalls hab ich ihm die nasse Hose und seine cremefrischen Schuhe in die Hand gedrückt und ihn mit einem Fuffi für´s Taxi vor die Tür gesetzt.
Im Bademantel? wollten alle gleichzeitig wissen.
Klar. Warum nicht? antwortete Gitte. Anscheinend brauchte der Kerl in ihm so eine Herausforderung. Im Treppenhaus steht er jedenfalls nicht mehr.
Die Frauen pfiffen anerkennend und trommelten Beifall.
Find ich Klasse, sagte Mille. Müsst ich mal bei Jürgen bringen. Stellt euch vor, der wird schon ganz fickerig, wenn in seiner Nähe nur allein schon das Wort Schimanski fällt. Nichts trifft den Armen so, wie Schimanski.
Sie sind zu bedauern, die Helden von einst, heuchelte Hannah Mitgefühl. Jetzt lassen wir sie schon in Ruhe, damit sie groß und stark werden. Und was kommt dabei raus? Sparringspartner im Fliegengewicht. Ich halt das nicht mehr aus!
So isses, lacht Gitte. Sie versuchen immer die gleiche Tour: geknickter Held sucht Mitgefühl!
Kennen ich zur Genüge, betonte Mille. Immer, wenn ein Karren in den Dreck gefahren ist, lässt Jürgen sein Trümmerweib anrollen und das kümmert sich dann um die Aufräumarbeiten. Vielleicht sollte ich ihn einfach mal an einem seiner angebrannten Süppchen ersticken lassen.
Siehste, pflichtete Gitte bei, deswegen mag ich den Schimanski so gerne. Der ist der Einzige weit und breit, der zu uns hält. Der macht sich die Finger dreckig, mischt sich ein und rastet aus, wenn´s zu viel wird und anders nicht mehr geht. Genau wie wir!
Mille fiel ihr ins Wort. Du meinst, der George wird auf kleiner Flamme gehalten, weil er so ist wie wir? Und weil er als Schimmi sozusagen in unserem Namen Zoff macht, geht es ihm wie uns? Müssen die blöd sein! Den schaffen die doch nie!
Und uns auch nicht, lachte Hannah. Das ist es doch!
Hört mal her, sagte Gitte. Sie war ganz aufgeregt. Mir ist da was aufgefallen. Wenn ich irgendwo einen Artikel über den Schimmi oder den George lese, taucht fast immer das Wort macho auf. Ich habe mich gefragt, warum bringen die das im Zusammenhang mit dem George? Und dann habe ich die Texte noch mal gelesen. Mit dem Bauch, sozusagen.
Kenn ich. So lese ich nur noch, lachte Hannah.
Und dann? fragte Mille.
Das Wort macho haut richtig rein! Ich sag´s euch, hier!
Sie deutete mit der Handkante einen präzisen Schlag in die Magengrube an. Volle Breitseite aber auch. Ich sofort auf dem Superagrotrip, weil ich auf den George und den Schimmi abfahre und machos auf den Tod nicht ausstehen kann, meinte Gitte.
Aber irgendwann fängst du an zu zweifeln, wenn du ständig so einen Mist liest!, schimpfte Mille.
Ich hatte mal einen Freund, sagte Hannah, der wurde auch von Zweifeln geplagt. Aber die waren ganz anderer Art.
Auf! Erzähl! Laß hören!, spornten Mille und Gitte sie an.
Es ist schon ein Weilchen her, sagte sie.
Der Herr des Hauses, so fühlte er sich nämlich, kam von der Arbeit und fand Muttern auf der Chaiselonge, wie sie sich den Sandmann anguckt.
Sag bloß, du hast den auf Video?, warf Mille ein.
Stör ich euch?, lästert er ab, als er geblickt hat, daß George spielt. Ich wollte nur meine Ruhe haben und den Film zu Ende schauen und reagiere nicht auf seine blöden Sprüche. Das regt ihn auf und er dreht auf turbo `jetzt erfahre ich endlich, mit wem du dir die Zeit vertreibst, wenn ich nicht da bin´!
Solche Typen wie der haben echt ein Rad ab! Mille schüttelte den Kopf.
Und?, fragte Gitte.
Ich hab ihm den Stinkefinger gezeigt.
Die Frauen lachten.
Aber das Beste kommt noch, sagte Hannah. Er fing an zu toben. Ich ganz ruhig aufgestanden, Fernseher aus, ihm eine Flasche Asbach hingestellt und aus dem Zimmer.
Wohin?, wollte Mille wissen.
Koffer packen. Was sonst?, sagte Hannah.
Ja und?, fragte Gitte jetzt.
Als ich fertig war, bin ich zurück und hab ihm die Schlüssel hingelegt. Wir wollten doch heiraten, sagte er. Geht nicht mehr, tut mir leid, sag ich. Warum nicht?, fragt er noch. Siehst´e doch, sag ich, ich liebe Götz George.
Die Frauen schüttelten sich vor Lachen.
Es geht noch weiter, lachte Hannah. Während ich dann die Tür hinter mir zumache, höre ich noch, wie sie you´re so vain im Radio spielen.
Geschieht ihm recht, meinten die Frauen. So ein Typ ist ein macho. Und der George ist nix davon, sagte Mille, weder dumm noch dreist. Auch darin stimmten sie überein.
Gitte bestellte noch eine Runde.
Mille ging telefonieren. Sie sprach Jürgen eine Nachricht auf Band, dass er auch in die Kneipe kommen könnte, falls er Lust auf ein Bier mit ihnen hätte.
Erinnert ihr euch an den Unfall mit dem Boot?, fragte Mille, als sie zurück kam.
Ich war fix und fertig, erinnerte Hannah sich.
Er hat doch irgendwas gesagt, worüber manche sich fürchterlich aufgeregt haben, sagte Mille.
Klar, sagte Hannah. Denn dem Sinn nach hat der George gesagt, Reichtum darf kein Freibrief für rücksichtsloses Verhalten sein.
Recht hat er, sagte Mille. Ich glaub, ich verlieb mich gerade in ihn.
Na denn, lachten Hannah und Gitte. Willkommen im Club!
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